PRIMÄR BILIÄRE CHOLANGITIS

Was ist PBC (Primär biliäre Cholangitis)?

Die PBC ist eine chronische Autoimmunerkrankung der Leber, bei der das körpereigene Immunsystem fälschlicherweise die Zellen der Gallengänge angreift und eine Entzündung hervorruft. Der ungehinderte Abfluss der Gallenflüssigkeit ist dann nicht mehr möglich, was eine Gallenstauung (Cholestase) verursacht. Die fortschreitende Entzündung führt zu einer Vernarbung der Gallengänge – ein Prozess, der auch als Fibrose bezeichnet wird. Das Fortschreiten der Fibrose kann zu einer Leberzirrhose oder sogar zu einem Leberversagen führen.1 Ohne Behandlung entwickelt mehr als die Hälfte der Betroffenen innerhalb von vier Jahren eine Leberzirrhose.2

Lies hier mehr darüber, wie es zur Entwicklung einer Leberzirrhose kommen kann und was diese für Auswirkungen hat.

Die anhaltende chronische Entzündung führt dazu, dass die Gallengangzellen geschädigt werden und schlussendlich verloren gehen.3 Daher sind eine frühe Diagnose und gezielte Behandlung besonders wichtig, um ein Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.

Hier siehst Du ein Erklärvideo zu PBC

Verbreitung und Ursache

Die PBC wird meist bei Menschen im Alter von 40 – 60 Jahren diagnostiziert. Sie kann unabhängig von Geschlecht oder Herkunft jeden betreffen. Auffällig ist jedoch, dass Frauen etwa vier- bis sechsmal häufiger an PBC erkranken als Männer.4 In Deutschland sind ca. 37 von 100.000 Personen von PBC betroffen.5

Die Ursache der PBC ist nicht vollständig geklärt und Gegenstand der Forschung. Expert*innen vermuten, dass die Erkrankung durch ein Zusammenwirken bestimmter genetischer Merkmale, welche das Risiko für eine PBC erhöhen, und Umweltfaktoren (wie z.B. Rauchen, bestehende Harnwegsinfektionen und/oder mangelnde Vielfalt der Darmflora) hervorgerufen wird.6 Das Immunsystem gerät aus dem Gleichgewicht und greift die körpereigenen Zellen der Gallengänge an, was zu einer chronischen Entzündungsreaktion führt.6 Auch Personen mit Autoimmunerkrankungen (z.B. Hashimoto-Thyreoiditis) haben ein erhöhtes Risiko, eine PBC zu entwickeln. Ebenso können Personen mit PBC weitere Autoimmunerkrankungen entwickeln.12

Die Symptome der PBC variieren von Person zu Person.7 Zu Beginn bleibt die Erkrankung oft symptomfrei, doch im weiteren Verlauf entwickeln viele Betroffene Beschwerden.7, 8 Insbesondere die häufigsten Symptome – starker Juckreiz und chronische Erschöpfung (Fatigue) – können die Lebensqualität der Patient*innen maßgeblich beeinflussen.9, 10 Erfahre im Reiter „Juckreiz und Fatigue“, wie du mit diesen Symptomen besser umgehen kannst.

Fettstühle und Mangelerscheinungen

Mit fortschreitender Erkrankung kann bei den betroffenen Patient*innen zu einer beeinträchtigten Aufnahme fettlöslicher Vitamine kommen, was Mangelerscheinungen und Fettstühlen zur Folge haben kann.7

Symptome, die mit einer zunehmenden Leberschädigung in Verbindung stehen

Mit fortschreitender Leberschädigung können Gelbsucht und typische Symptome einer Leberzirrhose, wie innere Blutungen oder einer Ansammlung von Flüssigkeit im Bauchraum (Aszites)  auftreten.11

Weitere mögliche Symptome

Zu den weiteren möglichen Beschwerden können u. a. Unterbauchschmerzen, eine dunklere Hautfärbung sowie das Auftreten kleiner, gelblicher oder weißer Hautknötchen zählen.11

Extrahepatische Manifestationen

Extrahepatische Manifestationen sind Krankheitsbilder, die nicht direkt die Leber betreffen, aber im Zusammenhang mit einer Lebererkrankung, wie der PBC, stehen. Bis zu 73 % der Patient*innen sind davon betroffen. Zu den häufigen Ausprägungen zählen das Sjögren-Syndrom, Schilddrüsenfunktionsstörungen und systemische Sklerose.12

Sjögren-Syndrom

Das Sjögren-Syndrom ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem fälschlicherweise die Tränen- und Speicheldrüsen angreift, was zu trockenen Augen und Mundtrockenheit führt. Bei Frauen kann darüber hinaus vaginale Trockenheit auftreten. In selteneren Fällen kommen auch Gelenkschmerzen, Gefäßentzündungen oder Nierenentzündungen vor.12, 13

Schilddrüsenfunktionsstörungen

Funktionsstörungen der Schilddrüse sind eine häufige Begleiterkrankungen der PBC, meist in Form einer Unterfunktion oder einer Überfunktion. Viele PBC-Patient*innen entwickeln eine Hashimoto-Thyreoiditis, eine Autoimmunerkrankung, die zur Unterfunktion führt. Seltener tritt Morbus Basedow auf, der eine Überfunktion auslöst.12

Systemische Sklerose

Die systemische Sklerose ist eine Autoimmunerkrankung, die das Bindegewebe in Haut und Organen angreift und zu Verhärtung sowie Narbenbildung (Fibrose) führt. Die Symptome der systemischen Sklerose sind vielfältig und reichen von Hautveränderungen über Verdauungsprobleme bis hin zu Herz- und Nierenproblemen.12

Juckreiz (Pruritus)

Ca. 20 – 80 % der PBC-Patient*innen leiden unter Juckreiz, der typischerweise an den Handflächen und Fußsohlen auftritt.6, 9 Insbesondere bei stärkerer Intensität kann dies mit Schlafstörungen und Konzentrationsproblemen verbunden sein und ein niedriges Selbstwertgefühl begünstigen.10 Darüber hinaus kommt die Verwendung spezieller Feuchtigkeitscremes und Pflegeprodukte, die die trockene Haut beruhigen, in Betracht. Kaltes Wasser beim Duschen kann Juckreiz ebenfalls lindern, der vor allem durch Wärme in der Nacht noch einmal verstärkt werden kann. Auch psychologische Unterstützung kann dabei helfen, zwanghaftes Kratzen zu reduzieren. Zudem kann das Testen auf mögliche Allergien sinnvoll sein.1

Chronische Erschöpfung (Fatigue) und kognitive Beeinträchtigung

Viele PBC Patient*innen leiden unter Fatigue8 – einer anhaltenden körperlichen und geistigen Erschöpfung, die selbst durch ausreichende Ruhe kaum oder nur kurzfristig gelindert wird. Die Fatigue ist darüber hinaus mit kognitiven Beeinträchtigungen, wie Konzentrations- und Gedächtnisprobleme verknüpft. Um die Fatigue zu verbessern bzw. ihr entgegenzuwirken, empfehlen Expert*innen, zunächst andere mögliche Ursachen zu identifizieren und zu behandeln. Dazu gehören z. B. eine vorliegende Blutarmut (Anämie), Schilddrüsenunterfunktion und Schlafstörungen.1 Darüber hinaus können Betroffene Strategien zur Bewältigung der Fatigue entwickeln, wie z. B. das Vermeiden sozialer Isolation, was die Fatigue zusätzlich verstärken kann.1

Leider ist die Fatigue ein schwierig zu handhabendes Symptom, welches ursächlich auch mit Juckreiz-Schüben einhergehen kann. In diesen Fällen kann die Behandlung des Juckreizes auch eine positive Wirkung auf die damit verbundene Fatigue haben.9

In den frühen Stadien, in denen noch keine Symptome auftreten, wird die PBC meist zufällig entdeckt. Dies geschieht häufig bei einer routinemäßigen Blutuntersuchung, bei der eine Erhöhung spezifischer Leberwerte festgestellt wird.11 Die Diagnose der PBC basiert neben der ausführlichen Befragung zur Krankengeschichte hauptsächlich auf der Analyse bestimmter Laborparameter sowie gegebenenfalls auf der Untersuchung einer Gewebeprobe. Die Diagnose erfolgt, wenn zwei der folgenden drei Kriterien erfüllt werden:1, 14

  1. Hinweis auf einen Gallenstau (Cholestase):
    Dies zeigt sich durch eine Erhöhung spezifischer Leberwerte im Blut. Der wichtigste Marker ist die alkalische Phosphatase (ALP), deren Erhöhung am stärksten von allen Leberwerten mit der Diagnose und der PBC-Verlaufskontrolle verknüpft ist. Die Messung der Gamma-Glutamyl-Transferase (GGT) sowie der Bilirubinspiegel kommen ebenfalls in Betracht, wobei diese Werte eher bei bestehendem PBC-Verdacht (GGT) oder als prognostischer Marker (Bilirubin) zu Rate gezogen werden.
  2. Nachweis von antimitochondrialen Antikörpern (AMA) im Blut:
    Diese Antikörper richten sich gegen bestimmte körpereigene Strukturen in den Leberzellen und spielen im Rahmen der PBC eine entscheidende Rolle bei der Schädigung der Gallengangzellen. Wenn AMA nicht nachweisbar sind, können auch andere spezifische Antikörper wie sp100 oder gp210 auf das Vorliegen einer PBC hinweisen. Der AMA-Test ist eine der wichtigsten Untersuchungen, um die Erkrankung zu diagnostizieren.
  3. Leberbiopsie und Bildgebung:
    In manchen Fällen wird eine Leberbiopsie durchgeführt, um die PBC-typische, entzündliche Veränderung des Gewebes zu bestätigen. Alternativ kann dies ggf. auch mithilfe von Ultraschall oder einer Magnetresonanztomografie (MRT) erfolgen. Darüber hinaus können diese Untersuchungen dazu dienen, andere mögliche Ursachen der Cholestase, wie z. B. eine Fettleberentzündung oder eine Autoimmunhepatitis, auszuschließen oder das Ausmaß der PBC zu bestimmen.

PBC ist zwar nicht heilbar, aber behandelbar. In einigen Fällen kann eine optimierte Therapie die Leberwerte normalisieren und so das Fortschreiten der Erkrankung aufhalten. Die Normalisierung der Leberwerte gilt daher als zentrales Therapieziel und kann ein entscheidender Indikator für den langfristigen Behandlungserfolg sein. Besonders wichtig sind dabei die Werte der alkalischen Phosphatase ALP und des Bilirubins, die regelmäßig kontrolliert werden sollten.15

Bei vielen Patient*innen zeigt die PBC-Standardtherapie eine gute Wirksamkeit und führt zu einer deutlichen Senkung der Leberwerte. Dennoch spricht mehr als ein Drittel der Betroffenen unzureichend auf die Standardtherapie an und bleibt somit unterversorgt.16 Für diese Patient*innengruppen kommen alternative Zweitlinientherapien in Betracht, welche entweder in Kombination mit der Standardtherapie oder als Einzeltherapie angewendet werden können.1 Einige PBC-Therapien behandeln nicht nur die Grunderkrankung, sondern sind auch gezielt gegen Juckreiz wirksam, wie bereits erwähnt kann die effiziente Behandlung des Juckreiz durchaus positive Auswirkungen auf eine mögliche Fatigue haben.17

Um zu überprüfen, ob die Behandlung der PBC wirkt oder ob sich die Erkrankung weiterentwickelt, sind regelmäßige Verlaufskontrollen unerlässlich. Dabei werden wichtige Leberwerte gemessen:1, 18

  • Alkalische Phosphatase (ALP): Ein erhöhter Wert weist auf eine Störung der Gallengänge hin.
  • Bilirubin: Ein Anstieg kann auf eine eingeschränkte Leberfunktion hindeuten.

Im ersten Jahr nach der Diagnosestellung sollten u. a. diese Werte nach drei, sechs und zwölf Monaten überprüft werden, um festzustellen, ob die Behandlung erfolgreich ist oder angepasst werden muss. Über das erste Jahr hinaus sollten die Verlaufskontrollen fortgeführt werden, wobei die Zeitintervalle individuell an die Patient*innen angepasst werden sollten.18

Die Normalisierung der Leberwerte nimmt eine zunehmend zentrale Rolle als Therapieziel. Daher ist es wichtig, regelmäßig mit Deiner behandelnden Ärztin oder Deinem Arzt über deine Blutwerte und den Behandlungserfolg zu sprechen.

Falls die Therapie nicht wie erhofft wirkt, sollte eine Überweisung zu einer spezialisierten Praxis oder Leberambulanz erfolgen, sofern dies nicht bereits geschehen ist. Eine individuell angepasste Behandlung bietet Dir die Möglichkeit, die Krankheit bestmöglich zu kontrollieren und Beschwerden zu lindern. Stelle aktiv Fragen um gemeinsam mit Deiner Ärztin oder Deinem Arzt nach den optimalen Behandlungsmöglichkeiten suchen.

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Referenzen

  1. EASL. Clinical Practice Guidelines: The diagnosis and management of patients with primary biliary cholangitis. J Hepatol 2017;67(1):145-72.
  2. Laschtowitz A, de Veer RC, Van der Meer AJ, et al. Diagnosis and treatment of primary biliary cholangitis. United European Gastroenterol J 2020;8(6):667-74.
  3. Buisson EM, Jeong J, Kim HJ, et al. Regenerative Medicine of the Bile Duct: Beyond the Myth. Int J Stem Cells 2019;12(2):183-94.
  4. Trivella J, John BV, Levy C. Primary biliary cholangitis: epidemiology, prognosis, and treatment. Hepatol Commun 2023;7(6) DOI: 10.1097/HC9.0000000000000179.
  5. Sebode M, Kloppenburg A, Aigner A, et al. Population-based study of autoimmune hepatitis and primary biliary cholangitis in Germany: rising prevalences based on ICD codes, yet deficits in medical treatment. Z Gastroenterol 2020;58(5):431-8.
  6. Tanaka A, Ma X, Takahashi A, et al. Primary biliary cholangitis. Lancet 2024;404(10457):1053-66.
  7. Selmi C, Bowlus CL, Gershwin ME, et al. Primary biliary cirrhosis. Lancet 2011;377(9777):1600-9.
  8. Onofrio FQ, Hirschfield GM, Gulamhusein AF. A practical review of primary biliary cholangitis for the gastroenterologist. Gastroenterol Hepatol (N Y) 2019;15(3):145-54.
  9. Khanna A, Leighton J, Lee Wong L, et al. Symptoms of PBC – pathophysiology and management. Best Pract Res Clin Gastroenterol 2018;34-35:41-7.
  10. Hirschfield G, Lleo A, Jones D, et al. Holistic patient care in primary biliary cholangitis: managing both the disease and the symptoms. Eur. Med. J. 2022. https://doi.org/10.33590/emjhepatol/10166227, abgerufen am: 30.10.2024.
  11. ALF. Primary biliary cholangitis (PBC). 2024. https://liverfoundation.org/liver-diseases/autoimmune-liver-diseases/primary-biliary-cholangitis-pbc/, abgerufen am: 06.02.2025.
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  15. Murillo Perez CF, Harms MH, Lindor KD, et al. Goals of Treatment for Improved Survival in Primary Biliary Cholangitis: Treatment target should be bilirubin within the normal range and normalization of alkaline phosphatase. Am J Gastroenterol 2020;115(7):1066-74.
  16. Invernizzi P, Floreani A, Carbone M, et al. Primary Biliary Cholangitis: advances in management and treatment of the disease. Dig Liver Dis 2017;49(8):841-6.
  17. EMA. Seladelpar Gilead. 2024. https://www.ema.europa.eu/en/medicines/human/EPAR/seladelpar-gilead, abgerufen am: 13.01.2025.
  18. AWMF. S3-Leitlinie. „Seltene Lebererkrankungen (LeiSe LebEr) – autoimmune Lebererkrankungen von der Pädiatrie bis zum Erwachsenenalter“ der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS). Februar 2025. #021–027.